der hammer 81
Was ist gute Literatur?
Was ist gute Literatur?
März 2016
... ist eine teuflisch einfache Frage. Alle, die Gedichte, Erzählungen, Romane oder auch schwer klassifizierbare literarische Texte lesen, verfügen über eine Art inneren Wissens, was – zumindest für sie selbst – gute Literatur sei. Aber sobald dafür Definitionen formuliert, darüber Qualitätsurteile mit Allgemeinanspruch verkündet werden, beginnen die Probleme.
Unzulänglichkeiten und Verkennungen in Definitionsversuchen treten oft schon zutage, bevor ein qualifizierender Satz noch zu Ende geführt worden ist. Massenmedien kennen – nicht nur in Österreich – wie so oft die einfachste Antwort: jedes Buch, das sich gut verkauft, ist gute Literatur.
Es gibt gute Gründe, sich dieser Bestseller-Logik zu widersetzen. Das wissen wir alle, die wir Werke der Literatur für ein zivilisiertes, ein bedachtes Leben unabdingbar, eben lebensnotwendig halten.
Nicht zuletzt ist es der Anspruch, Mittel der Emanzipation und Erkenntnis, der Aufklärung, Erschütterung und Läuterung, der Lebensfreude und der Schönheit zu sein, den die Mehrzahl literarischer Werke an sich selbst richtet, der sich dem zerstörerischen Wahn der Großen Zahl und des steten Wachstums widersetzt.
Sechzehn deutschsprachige Autorinnen und Autoren, Persönlichkeiten der Literaturwissenschaft, der Literaturkritik, des Verlags- und Zeitschriftenwesens haben auf Einladung der Alten Schmiede Wien zwischen Herbst 2014 und Sommer 2015 acht Korrespondenzen zur Frage Was ist gute Literatur? geführt. Diese Korrespondenzen werden im September 2016 in Buchform vorgelegt und im Rahmen eines von einem literarischen Redaktionsteam vorbereiteten Symposiums nochmals diskutiert.
Der österreichische Schriftsteller
Thomas Stangl und die deutsche, in Paris lebende und auf Deutsch und
Französisch schreibende Schriftstellerin und Übersetzerin Anne Weber
haben einen modellhaften Gedankenaustausch zu dieser Frage entfaltet
und dabei auch persönliche Bekanntschaft geschlossen.
Der Hammer bringt hier eine von der Schriftstellerin Anna Kim redigierte und gekürzte Fassung dieser Korrespondenz.