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Elisabeth Wäger über den »Schriftsteller-Mann«

Blog, 19. April 2021
Viele Texte der 2019 verstorbenen Elisabeth Wäger setzen sich mit der Enge des Handlungsraums für Frauen, besonders für schreibende, auseinander. Am 19. April hat Marie-Thérèse Kerschbaumer in der Reihe Dichterinnen lesen Dichterinnen Arbeiten der gebürtigen Vorarlbergerin gelesen – auf dem Blog finden Sie zum Nachlesen einen Kurztext von Elisabeth Wäger über die oft ungleichen Bedingungen, unter denen schreibende Frauen und schreibende Männer schriftstellerisch tätig sind.

Möchte ein Schriftsteller-Mann sein und
Frühmorgens einen Zettel schreiben: Ab 9 Uhr
Erbitte absolute Ruhe. Um 11 Uhr eine Tasse
Tee. Bitte ein wenig Gebäck. Mit Butter. Den
Grauen Anzug in die Putzerei, im Copy-Shop
Das Manuskript anbei kopieren, die Briefe
Anbei zur Post. Bitte anrufen Verlag, daß
Korrektur in Arbeit und freundlich Kritiker E.
Erinnern an mich (Dein Charme!). Ist das weiße
Hemd gebügelt? Die Kinder fernhalten vom
Arbeitszimmer, absolut, verbiete mir jeden
Lärm. Bitte ausdrücklich erwähnen, daß Vater
Arbeitet. Um 14 Uhr eine Tasse Bouillon vor
Die Türe. Nicht anklopfen. Ich liebe dich,
meine Muse. Bis heute Abend.
P.S: (Bouillon mit Ei).
Alle Telefonate notieren.
Sage: konzentrierte Arbeitsphase.

Wiederabdruck mit freundlicher Genehmigung des Verlags: Elisabeth Wäger / Tone Fink: Zwischen den Bildern. Edition Splitter 1993

Elisabeth Wäger, *1942 in Rankweil (Vorarlberg), 2019 in Wien; Prosa, Gedichte, Dramen, Hörspiele. Langjährige Theaterarbeit, u.a. 20 Jahre als Dramaturgin der Wiener Festwochen. Werke (Auswahl): Annas Häuser. Roman (1978); Verhärtung der Puppenhaut. Erzählungen (1983); Und i dr Mitti s Salz (Mundartgedichtzyklus, 2008); einige Theaterstücke, z.B. Ein automatischer Frauenroman (2001) für das Volkstheater Wien.