der hammer 124 / 2023
Zum Hörspielwerk von Ror Wolf
hörspiel
Februar 2023
»... nichts anderes zu sein als ein Ohr.«
Ror Wolfs Radiophilie
Ror Wolf (1932-2020) veröffentlichte neben Hörspielen Romane,
unterschiedlichste Kurzprosa, Bildcollagen sowie Gedichte und sagte
dennoch einmal von sich, er sei »möglicherweise« kein Buchautor,
»sondern ein Hörspielautor, der sich gelegentlich mit einem Buch
bemerkbar macht«. Das war keine Euphorie des Anfangs: Im Jahr 1992, als
diese Bemerkung anlässlich der Verleihung des Frankfurter
Hörspielpreises fiel, hatte Ror Wolf 16 Radio-Arbeiten verfasst, nur
drei sollten noch folgen. Im Hörspiel sah er sich auf »Forschungsreise
in das unerhörte Gebiet der Töne, Stimmen und Geräusche« und notierte in
seinen Manuskripten präzise Qualität, Einsatz und Funktion akustischer
Ereignisse. Als Monteur seiner O-Ton-Hörstücke wie als Redakteur kannte
er das Radio von innen.
Vieles verbindet Ror Wolfs Hörspiele mit dem
Gesamtwerk: fantastische Szenerien, groteske Komik, das Spiel mit
Fiktion. Worin aber liegt ihre radiophone Spezifik? Perspektiven auf den
»Radio-Manen« (eine weitere Selbstbezeichnung) und sein Hörspielwerk
versammelt diese Ausgabe des Hammer in Vorbereitung eines zweiteiligen Porträts, das dem Autor beim Festival Hör!Spiel! am 12. und 13. März in der Alten Schmiede gewidmet ist.
Zur
Seite gestellt sind den Texten von FALKNER, Gert Jonke, Jochen Meißner
und Daniel Wisser drei Bildcollagen, wie Ror Wolf alias Raoul Tranchirer
sie ab den frühen 1960er Jahren gefertigt und unter anderem in seine
sechsbändige, zwischen Parodie und Pastiche angesiedelte Enzyklopädie für unerschrockene Leser aufgenommen hat. Collagen - hier: das Zerteilen (Tranchieren) und Neu-Zusammensetzen von Bild- oder Sprachmaterial - prägen die Literatur von Ror Wolf quer durch alle Gattungen.Annalena Stabauer