der hammer 82
Sabine Scholl: Was ist »gute Literatur«?
Sabine Scholl: Was ist »gute Literatur«?
April 2016
Diese teuflisch einfache Frage hat die Alte Schmiede zu ihrem 40-jährigen Programmjubiläum im Jahr 2015 sechzehn deutschsprachigen Autorinnen und Autoren, Persönlichkeiten aus Literaturkritik und Literaturwissenschaft, aus dem Verlags- und Zeitschriftenwesen gestellt, die zwischen Herbst 2014 und Sommer 2015 in acht Korrespondenzen über diese Frage nachgedacht haben (siehe auch Hammer Nr. 81). Im September 2016 werden von einem vierköpfigen Redaktionsteam nicht nur diese Korrespondenzen in Buchform veröffentlicht, sondern auch zwölf weitere Personen aus dem weiten Feld der Literatur und ihrer Vermittlung eingeladen, im Rahmen eines Symposiums und auf der Grundlage einzelner Briefwechsel und der darin angesprochenen Kriterien für »gute Literatur« das gemeinsame Nachdenken zu vertiefen.
Parallel dazu hat die Alte Schmiede die österreichische Schriftstellerin Sabine Scholl, die in Berlin lebt und über mehrjährige Lebens- und literarische Lehrerfahrungen auf drei Kontinenten verfügt, gebeten, ihre Beobachtungen und Erfahrungen bei der Beurteilung literarischer Arbeiten in einem Essay zusammenzufassen. Sie ist unter anderem als Jurorin tätig, die sich mit literarischen Arbeiten auseinandersetzen muss, deren Legitimation sich nicht nur von Kriterien der europäischen, »westlichen« Literaturtradition herleiten lässt.
Sabine Scholl hat eine Bestandsaufnahme von Aktionsfeldern des Literaturbetriebs – u.a. Literaturkritik, Leser, Medien, Markt, Literaturwissenschaft, Literaturinstitute, Buchpreise und Jurien, die tagtäglich über »gute Literatur« entscheiden – geleistet, in der die nach wie vor wirksame Geschlechterdifferenz ebenfalls dargestellt wird. Eingangs zitiert sie den deutschen Schriftsteller Norbert Niemann, der eine Verwandlung des Literaturbetriebs in eine Verkaufsbörse und damit die Auflösung von Literatur als lebendiges, die Gesellschaft aufmischendes Korrektiv registriert hat.
Kurt Neumann