der hammer 19
Solitäre der Literatur finden
Solitäre der Literatur finden
März 2007
Der mittlerweile außer Atem geratene »Literaturbetrieb« des deutschen Sprachraums bringt heute ein medienschnittiges Kritikergewerbe hervor, das in seiner rastlosen Jagd nach der am schnellsten publizierten Besprechung neu erschienener Bücher nicht nur eine zeitgeistig verschobene Variante des einst gewaltherrlich eingeforderten »ius primae noctis« vorführt, sondern in seiner gierigen Eilfertigkeit alles nicht auf schnellstem Wege Verschling- und Verwertbare außer Acht läßt.
Deshalb muß eine wißbegierige Leserschaft in Kauf nehmen, in den Bekundungen der professionellen Literaturkritik immer mehr »Meinungen« und Konkurrenzgetue von Literaturvermittlern aufgedrängt zu bekommen und dafür immer weniger Hinweise auf das Unerwartete, Nicht- Konforme, Innovative, auf geistige und ästhetische Abenteuer, auf literarische Solitäre zu erhalten.
Den Ruf, eine maßgebende gesellschaftliche Instanz geistiger Offenheit und Entdeckerfreude zu sein und einen nützlichen Beitrag zu einem notwendigen und differenzierenden Wissen über die Literatur und das Leben zu leisten, hat die deutschsprachige Literaturkritik, nicht zuletzt dank literarischer Unterhaltungsshows à la »Literarisches Quartett« oder »Bachmann-Wettlesen«, großteils eingebüßt.
Alternativen finden sich im zu gezählten Restbeständen geschrumpften traditionellen Zeitungsfeuilleton, auf den Rezensionsseiten namhafter Literaturzeitschriften; für ein literaturinteressiertes Veranstaltungspublikum versucht die Alte Schmiede Wien zusammen mit einer besonders entdeckungsfreudigen und kundigen Lesergruppe, den Schriftstellerinnen und Schriftstellern, Alternativen zu entwickeln und anzubieten. Begründete Hinweise auf Strukturen, Machart und Hintergründe bemerkenswerter oder einzigartiger literarischer Werke zeitgenössischer Literatur sollen hier artikuliert und nicht streberhaft Inhaltsangaben nacherzählt werden. In der Literatur ist noch immer die Erforschung dessen, wie etwas gemacht ist die beste Antwort der Frage worum es geht.
