programm
Gesellschaftsroman heute?
»Ein Roman (kann) auf ›thematische‹ Art und Weise überhaupt nicht entstehen, sondern nur aus einer Gestalt oder aus Gestalten …« Dieses Diktum Heimito von Doderers wird in den Gesellschaftsromanen von Michael Kleeberg und Christian Haller eingelöst: Bei Kleeberg in der Figur des Charly Renn, dem der Autor bereits in zwei Vorgängerbüchern über Jahrzehnte seines Lebens und der bundesrepublikanischen Wirklichkeit gefolgt ist, um ihm jetzt an die Schwelle des Alters und des Abschieds vom ›alten weißen Mann‹ zu folgen; bei Haller in den Figuren des Thyl Osterholz und des Institutsleiters Lavetz, die den Paradigmenwechsel der 1970er Jahre vom Konzept ökologischer Gemeinnützigkeit zur neoliberalen Ordnung auf der Ebene des gesellschaftlichen Machtkampfs wie auf der des privaten Verrats erleben.
J. Koneffke
Michael Kleeberg, *1959, lebt in Berlin; Autor, Übersetzer; zuletzt u.a.: Glücksritter. Recherche über meinen Vater (2020).
Christian Haller, *1943, lebt in Laufenburg/Kanton Aargau. Zuletzt erschien: Sich lichtende Nebel. Novelle (2023).
Jan Koneffke, *1960; Autor, Übersetzer. Zuletzt erschien: Im Schatten zweier Sommer. Roman (2024).