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Montag, 15. April 2024

93. Grundbuch der österreichischen Literatur seit 1945

19:00
Monika Helfer Die Bagage Roman. Carl Hanser Verlag, 2020
Die Autorin liest aus ihrem Buch
Daniela Strigl REFERAT
Klaus Kastberger, Kurt Neumann REDAKTION, MODERATION

Familienroman, Dorfepos, autobiographische Erinnerung, metapoetische Reflexion, »Geschichte von unten«: Wofür andere hunderte Seiten brauchen, genügen Monika Helfer 150. In höchster Kompaktheit und Dichte zeichnet sie das Portrait ihrer Großmutter Maria und wirft zugleich ein Schlaglicht auf die Zeit des Ersten Weltkriegs auf dem Lande, im Bregenzerwald. Dort lebt am Rande des Dorfes die bitterarme »Bagage«, die schöne Maria mit dem schönen Josef und ihren Kindern, bis Josef einrücken muss und seine von allen Männern des Ortes begehrte Frau ausgerechnet dem keineswegs interesselosen Bürgermeister anvertraut.
Zwischen Märchenton und Verismus setzt Monika Helfer die schwankende Rekonstruktion einer in der Familie überlieferten Vergangenheit, sie vertraut auf die Wirkung des Ausschnitts, des Fragments, sie erzeugt Distanz und kommt ihren Figuren doch erstaunlich nahe. Wohl deshalb und vielleicht auch wegen der Exotik der archaisch anmutenden Romanwelt wurde Die Bagage zu einem der aufsehenerregendsten Bücher der letzten Jahre – ohne dass das Label »Autofiktion« für seinen Erfolg in Anspruch genommen worden wäre.

D. Strigl

Monika Helfer, * 1947, veröffentlicht seit 1977 über 20 Bücher: Romane, Erzählungen, Kinderbücher, Theaterstücke, Hörspiele und zwei Gemeinschaftsbücher mit Michael Köhlmeier, u.a.: Die wilden Kinder (1984); Ich lieb Dich überhaupt nicht mehr (1989); Oskar und Lilli (1994); Wenn der Bräutigam kommt (1998); Mein Mörder (1999); Rosie in New York (2002); Bevor ich schlafen kann (2010); Die Bar im Freien (2012); Schau mich an, wenn ich mit dir rede! (2017); Die Bagage (2020); Vati (2021); Löwenherz (2022); Die Jungfrau (2023).

Daniela Strigl, *1964; Literaturkritikerin, Privatdozentin für Neuere Deutsche Literatur an der Universität Wien. Vielfache Jurytätigkeit, seit 2022 Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Veröffentlichte eine Monografie über Theodor Kramer (1993), Biografien von Marlen Haushofer (2000) und Marie von Ebner-Eschenbach (2016); Mitherausgabe u.a. von Im Keller. Der Untergrund des literarischen Aufbruchs nach 1945 (2006), In welcher Sprache träumen Sie? Österreichische Exillyrik (2007); Herausgabe von Gedichten Walter Buchebners (1994); Ausgewählte Werke von Peter Rosegger (2018); Alles muss man selber machen. Biographie Kritik Essay (Grazer Vorlesungen zur Kunst des Schreibens, 2018); Sinn und Sinnlichkeit. Lesen, verstehen, schwelgen. Münchner Reden zur Poesie (2021).

gemeinsam mit dem Adalbert-Stifter-Haus, Linz (16.4.) und dem Literaturhaus Graz (17.4.)
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