zum festival 2019
Der utopische Raum
Der Raum, der nicht ist (u-topos), könnte die Zukunft sein, die noch wird. Eine bessere Zukunft, für jeden Menschn auf Erden und auch für unseren angeschlagenen Planeten. In einer Epoche voller düsterer Ahnungen und Visionen ist Zukunft keine Selbstverständlichkeit mehr (die Apokalypse strömt per Flatrate in jeden Haushalt) und Optimismus eine bedrohte Haltung. Wir sind dabei zu vergessen, dass Geschichte kein Selbstläufer ist und Fatalismus die letzte Zuflucht des Feiglings. Es hängt von uns ab, wie wir die Zukunft gestalten. voraussetzung hierfür sind Entwürfe und Konzepte, die sich ins Unbekannte und Ungewisse vordenken, Alternativen zum gegenwärtigen System, das bekanntlich von sich behauptet, alternativlos zu sein.
Solche Visionen einer anderen Gestaltung von Gesellschaft sind entgegen aller dogmatischer Unkenrufe in den medialen und digitalen Sphären keineswegs Mangelware oder gar nicht existent. Im Gegenteil: Sie sind vielfälgit und reichhaltig vorhanden und zugleich meist unsichtbar, wenig bekannt und folglich selten populär.
Um dies zu ändern wird sich die Literatur im Herbst heuer
dem konkreten utopischen Denken widmen, als kreative und
lebensbejahende Antwort auf die zerstörerischen Prozesse eines
ungebändigten, ausbeuterischen Kapitalismus. Ausgehend von der
Überzeugung, dass menschlicher Fortschritt zunächst in Ideen gesät wird,
bevor er in Transformationen aufgeht, haben wir Denkerinnen und
Aktivistinnen, Fachleute und begnadete Laien, Musiker und Philosophen
aus sieben europäischen Ländern eingeladen. In Vorträgen und
Diskussionen werden wichtige Themen wie Graswurzeldemokratie,
Universalismus und kulturelle Vielfalt, Menschenrechte und Wirtschaft,
Ästhetik des Utopischen ebenso wie die Schönheit des Widerstands gegen
den herrschenden Strich gebürstet werden, unter den geradezu symbolisch
aufragenden Säulen des Odeon-Theaters.
Ilija Trojanow