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Marc Augé: Die Zukunft der Erdbewohner. Literatur im Herbst 2019
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Literatur im Herbst: Dilemma 89

Literatur im Herbst: Dilemma 89 (6.11. – 8.11.2009)

Oktober 2009

Daniela Dahn
Vom Dilemma einer Vergangenheit, die nicht stattfand

Die Gegenwartsdimension des Geschichtsbildes

Die Vergangenheit ist nicht nur nicht vergangen, sie hat gar nicht erst stattgefunden. Jedenfalls nicht so, wie behauptet wird, will man meinen. Nicht wenige, die im Realsozialismus gelebt haben, glauben, bei seiner heute gängigen Beschreibung im falschen Film zu sein. Doch man weiß es ja: Die Vergangenheit wird gedeutet, um sich in der Gegenwart zu behaupten und die Zukunft auf seine Seite zu ziehen. Schreibende werden mit dem Versuch, die Geschichte nach ihrem Bild zu formen, recht einsam bleiben, wenn ihr Publikum sich in diesen Bildern nicht wiederfindet oder sie nicht wenigstens als gutbelegte Neudeutung partiell annimmt. Was die Autoren erst unabhängig macht, ist die Unabhängigkeit der Leser.
Doch die zu bewahren ist schwierig, wenn Geschichtsschreibung das Bild von Auftraggebern bedient. Von der politischen Klasse nämlich, die, gut ausgestattet mit Interessen, Vorurteilen und Finanzen, über Zentralen, Behörden und Institutionen ihr Weltbild von willigen Interpreten verbreiten lässt. Vom »Verteilungskampf um den Aufarbeitungskuchen« hatte Wolfgang Thierse als Mitglied des Kulturausschusses gesprochen. Die Geschichtsbilder spiegeln auch die materiellen Interessen ihrer Schöpfer.

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