programm
Stichwort ›unsterblich‹
AUTORINNENPROJEKT
Während Mary Shelley in ihrem teilweise in Briefen verfassten Schauerroman von der Elektrizität inspiriert ist, an deren Anfang Experimente mit toten Tierkörpern und menschlichen Leichen standen, bedient sich 200 Jahre später Don DeLillo einer zeitgenössischen Technik, den Tod zu überwinden. Frankenstein, erstveröffentlicht unter dem Pseudonym von Shelleys Mann, hat der Autorin und ihrem Monster literarische Unsterblichkeit eingebracht. DeLillos kühl anmutendes Werk wiederum bietet den Protagonisten den absoluten Nullpunkt für das Erreichen ewigen Lebens an. Die Überwindung der sozialen Kälte zu Lebzeiten interessiert ihn nicht. Frankensteins Konflikt zwischen Hybris und Natur verschiebt sich bei DeLillo auf die zwischenmenschliche Ebene von Vater und Sohn. Die Parallele zu Unsterblichkeitsprogrammen zeitgenössischer Allmachtsinvestoren schwingt bei den Lektüren mit.
L. Mischkulnig, B. Schwens-Harrant, C. Zöchling
Lydia Mischkulnig, *1963, Romane, Erzählungen, Essays; Lehrbeauftragte, Mithg. der Lyrikreihe »Nadelstiche«, Theodor Kramer Verlag. Zuletzt: Die Richterin. Roman (2020).
Brigitte Schwens-Harrant, *1967, Feuilletonchefin der Furche, Bachmannpreis-Jurorin; zahlreiche Publikationen zur Gegenwartsliteratur, zuletzt: Übers Schreiben sprechen. 18 Positionen österreichischer Gegenwartsliteratur (2022).
Christa Zöchling, *1959, Mitarbeit an Projekten zur Zeitgeschichte, Profil-Redakteurin, Buchbeiträge zum Thema Rechtspopulismus. Concordia-Preis für Menschenrechte 2022.