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Zur musikalischen Metaphorik beim späten Wittgenstein
DICHTER LIEST DICHTER
Zwischen Funktion und Bedeutung wandelt sich die Suche, driftet der Fokus, und das zeigt sich in den metaphorischen Vergleichen und Bildern bei Wittgenstein: stehen Maschine und Hebel am Anfang, findet sich am Ende die Gebärde der Artikulation, das Wie der Betonung, die Intonation, führt sein »Klärungswerk« zu einem Sprachgebrauch, der im Wortklang die Möglichkeit des Meinens, des Umspielens und der Evokation aufgreift und vermutet. Nicht mehr im digitalen Modell eines »Anschlagens auf der Taste des Vorstellungsklaviers«, sondern in der sprachlichen Gebärde, im Satzklang wird Korrelation gesucht, in der analogen Entsprechung von Umspielen, Umschreiben, von Intonation und Tonfall Bedeutung empfunden: »Zur unwägbaren Evidenz gehören die Feinheiten des Blicks, der Gebärde, des Tons […] bis man versteht, daß hier das Gewöhnliche sinnerfüllt ist.« – Ansätze auch zu einer Poetik der Äquivokation, »The poem of the mind in the act of finding / what will suffice« (Wallace Stevens: Of Modern Poetry).M. Kubaczek
Martin Kubaczek, *1954 in Wien, Schriftsteller, Literaturwissenschaftler, Violinist. Viele Jahre Lehrtätigkeit in Japan. Zuletzt: Die Süsze einer Frucht. Pflanzenikonen (mit Rosemarie Hebenstreit, 2020).
Ludwig Wittgenstein, *1889 in Wien, 1951 in Cambridge. Seine Schriften, allen voran der Tractatus logico-philosophicus und die posthum erschienenen Philosophischen Untersuchungen, nahmen nicht nur auf Logik und Sprachphilosophie großen Einfluss, sondern auch auf Literatur und Poetik.