programm
Helmut Neundlinger liest Karl Wiesinger
DICHTER LIEST DICHTER
Die Tagebücher aus dem Nachlass des Linzer Autors Karl Wiesinger (1923–1991) sind ein ebenso ab- wie hintergründiges Zeitdokument: Mitten im Kalten Krieg entfaltet dieser literarische und politische Außenseiter ein kontinuierliches Selbstgespräch, in dem Weltpolitik, lokaler Kunstbetrieb und sexuelle Eskapaden ungefiltert aufeinanderprallen. Der mangelnden öffentlichen Anerkennung begegnet er mit einer aufwendigen Arbeit an der Biografie, in der auch seine Neigung zur Aufspaltung seiner Autorenschaft in verschiedene Projekt-Identitäten widerhallt. Ob als Verfasser von Spionage-Romanen, linientreuer proletarischer Romancier oder experimenteller Bauerndichter Max Maetz: Wiesinger spannt mit seinen Doubles ein beziehungsreiches Netz zwischen Literatur und Zeitgeschichte.
H. Neundlinger
Helmut Neundlinger, *1973 in OÖ, veröffentlicht Lyrik, Prosa, Essays; Literaturwissenschaftler und Musiker; zahlreiche Herausgeberschaften. Zuletzt erschien (u.a.): Virusalem. Gesang aus dem Bauch des Wals (2020).
Karl Wiesinger, Ausbildung zum Dentisten, Verhaftungen wegen Widerstands gegen das NS-Regime. Nach Kriegsende Eintritt in die KPÖ, Redakteur der Parteizeitung, erste Prosaveröffentlichungen. Ab 1960 Invaliditätspension wegen schwerer Lungenprobleme, fortan liegt der Fokus auf literarischen Tätigkeiten.