programm
poetische selbst- und welterforschung
DICHTERLOH
Zweisprachige Lesung Arabisch/Deutsch
Die syrische Dichterin Kholoud Charaf beginnt in ihren Gedichten ein
inniges Gespräch mit existenziellen Fragen des Menschseins vor dem
Hintergrund von Krieg und Erfahrungen der Emigration, das durch seine
Zartheit, Offenheit und Anmut berührt. Luca Kieser zeichnet ein intimes
und reflektiertes Porträt eines Ich und seiner Generation zwischen
Erwartung und Wirklichkeit, Unsicherheit und Überraschung. Mira
Magdalena Sickinger lässt ihre liedhaften Gedichte in unterschiedlichen
musikalischen Dynamiken sowohl in Dialog mit verschiedenen
Schriftsteller*innen und Denker*innen treten als auch mit dem
sprechenden Ich, dessen In-der-Weltsein sie zwischen Sprache und
(Sprach-)Körper erkundet.
Thomas Kunsts Gedichte könnte man als
Plädoyers gegen jegliche Kleinlichkeit und Kleingeistigkeit lesen, als
Ermutigung zu Lebensfülle, Wildheit, Genauigkeit, als Einladung zur
Abgründigkeit, Hintergründigkeit, Vielgründigkeit, und als pure Freude
an der Form (Sonett, Tanka, Kurz- und Langgedicht) und deren
Überschreitung, wobei Katzen, Tiere im Allgemeinen, Wesen phantastischer
Art und die Nächsten der Familie eine Art Hauptnebenrolle spielen.
Kholoud Charaf, *1981 in Al-Mojaimr/SYR; Dichterin, Kunstkritikerin, Publizistin, Aktivistin, lebt in Berlin. Gedichtband: RUFAT FARASHA (2016; dt.: »Die Überreste des Schmetterlings«).
Luca Kieser, *1992; Autor, Literaturvermittler. Zuletzt: vom Geschmack auf der Kellertreppe (2024).
Mira Magdalena Sickinger, *1991, Doktoratsstudium der Philosophie in Wien, verfasst seit 2019 Lyrik.
Thomas Kunst, *1965; Autor, Bibliotheksassistent der Deutschen Nationalbibliothek, Beschäftigung mit musikalischer Improvisation. Zuletzt, u.a.: Kolonien und Manschettenknöpfe. Gedichte (2017).
Michael Hammerschmid, *1972; Gedichte, Lieder, Hörspiele, Essays; Festivalleiter; Poetik- und Lyrikunterricht an Kunst/Universitäten. Zuletzt: stopptanzstill! Wiener Tier Figuren Gedichte (2023).
6.–21.5.
Dichterloh. Lyrikfestival
//127. AUTOR*INNENPROJEKT
kritisch, neugierig und frei
Was ist es, das Gedichte zu so einer konzentrierten Form existenziellen und gesellschaftlichen Ausdrucks macht? Wie gelingt es, auf kleinstem Raum zusammenzuschrauben, was eine ganze Welt betreffen kann? In welche ungeahnten Zwischenräume begibt sich die Lyrik und wie leuchtet sie uns, gleichsam dichterloh, die vielfältigen Nuancen unserer äußeren und inneren Welten aus? Dichterloh 2024 begibt sich mit zwölf Dichter*innen und ihren syrischen, deutschen, österreichischen, schweizerischen, englischen, ungarischen, polnischen und persischen Sprach- und Erfahrungshintergründen an neuralgische Punkte zwischen Gesellschaft und Ich, Sprachmöglichkeit und Lebenswirklichkeit. Die diesjährigen Gedichtbände erkunden sowohl die eigenen Mittel des Ausdrucks als auch das, was uns in diesen besonders konfliktreichen Zeiten so gewaltsam und verstörend entgegentritt. Sie politisieren den intimsten Moment und nuancieren noch die feinsten Nuancen, als Langgedicht oder Lautgedicht, als Kurzgedicht, japanisches Tanka oder in noch zu entdeckender, offener Form, kritisch, neugierig und frei.
Michael Hammerschmid
Projektkonzeption, Moderation, Programmtexte